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U-Bahn

Wie beruhigend, dass ich diesen Monat so häufig in London bin - teilweise mit Übernachtung. Mag sein, dass das mulmige Gefühl übertrieben ist, schließlich sind die Geschehnisse in der Londoner U-Bahn nun Vergangenheit. Jedoch wer sagt mir mit Sicherheit, dass das ein Einzelfall war?

Jedesmal wenn ich auf der Rolltreppe in einen dieser dunklen und engen Schächte hinabfahre, denke ich, was wohl passieren würde, wenn jetzt eine Panik ausbricht. Wie schnell könnte sich ein Feuer dort ausbreiten, wie ziellos Menschen übereinanderstolpern? Mein Puls steigt, ich werde unruhig, bis ich beschließe, diese Gedanken nicht weiterzudenken, weil ich sonst unter Umständen nie wieder eine U-Bahn-Station betreten möchte. Bin ich ein Angsthase, ein Pessimist oder ist es normal, sein Leben nicht zwangsweise auf unnatürliche Art beendet sehen zu wollen?

Augen zu und durch. Der Verdrängungsmechanismus lässt uns weiter funktionieren. Also fahre ich weiterhin die engen, tiefen Schächte neben hunderten von Fremden hinab und seufze nur ein klein wenig, wenn die Bahn wieder mal in einem der unzähligen Schächte steht, statt zu fahren.

Passieren tut nur anderen was. Man liest davon in Zeitungen [vornehmlich die, mit den großen Buchstaben und den vielen Bildern] oder hört es in Berichten. Wenn dieses Prinzip weiter so funktioniert, kann ich beruhigt weiterhin Flugzeuge besteigen, Achterbahn fahren, von amerikanischen Wolkenkratzern die Aussicht genießen und an asiatischen Stränden liegen. Ich kann sogar U-Bahn fahren. Nur nicht in London. Heute nicht. Morgen oder übermorgen wieder... vielleicht...
_Robin_ - 2005/07/07 17:40

... und mehr...

Was will man machen? Sich an Statistiken festklammern? "Es ist tausendmal wahrscheinlicher, dass du dir dass Genick bei einem Sturz brichst, als dass du bei einem Terroranschlag um's Leben kommst"

So arbeitet Terror: irgendjemand glaubt, seinen Zielen könne es zuträglich sein, wenn er eine Menge unbeteiligter Menschen tötet. Aus diesem schwachsinnigen Verhalten müssen doch einfach Verschwörungstheorien entstehen! Jeder kann verstehen, dass auf eine solche Tat hin der Staat reagieren muss: aber die Reaktionen, die jeder sehen will sind ein erhöhtes Sicherheitsaufkommen, um das Bedürfnis nach Schutz vor unberechenbaren Gräueltaten zu befriedigen. Aber da liegt ja die Crux: Menschen umbringen, kann ich auf tausenderlei Art. Also ist es dem Staat nicht ohne absolute Kontrolle möglich, Menschen vor Terroranschlägen zu bewahren.

Absolute Kontrolle will zwar auch keiner, aber was würde passieren, wenn morgen wieder Menschen in U-Bahn-Waggons Opfer eines Bombenanschlages werden? Weil das niemand zu Ende denken möchte, werden Sicherheitsmaßnahmen getroffen.
Die Kontrollen an Flughäfen sind schon enorm erhöht worden, nun wird sicherlich die U-Bahn - zumindest in GB - verschärft überwacht werden, aber es ist mit einem Mindestmaß an Kreativität noch immer furchtbar einfach mehrere Menschen auf einen Schlag zu töten. So verpuffen diese Maßnahmen zu dem, was sie sein können: Pflaster für die gereizten Nerven.

Der Anschlag vom 11. September hat gezeigt, mit wie wenig Aufwand man unglaublich viel Schaden anrichten kann. Ich bin froh, dass daraufhin Maßnahmen ergriffen wurden, solche Anschläge zu erschweren.

Wenn ich aber U-Bahn fahre, dann weiß ich, dass das ein toller Ort ist, um mit Giftgas und Sprengstoff ermordet zu werden, aber ich möchte dennoch nicht meinen Ausweis zücken müssen. Ich habe auch keine Lust darauf, dass mich fortwährend Sprengstoffsuchhunde daran erinnern, dass es völlig durchgeknallte Fanatiker gibt, die mir ohne zu Zögern die Eingeweide herausreißen würden, wenn ihnen jemand glaubhaft gemacht hätte, dass dadurch die Welt ihr Elend bemerkt und sich dagegen auflehnt.

Spinner gab es immer schon, nur der Schaden, den sie anrichten können, ist mit den Mitteln der modernen Welt unüberschaubar geworden.


Vielleicht wird es dir mulmig, wenn du U-Bahn fährst. Das wird vergehen. Früher oder später wird wieder ein Anschlag auf einen Zug stattfinden. Dann wirst du eine Weile nicht mit der Bahn fahren wollen. Möglicherweise gelingt es auch wieder Terroristen ein Flugzeug als Bombe zu benützen. Daraufhin würdest du sicherlich jedem Passagier mit unentspanntem Gesichtsausdruck misstrauen.

Ich kann die Menschheit immer weniger leiden. Egal was sie zerstört.

Fienchen K. - 2005/07/07 20:40

Fundstück

Das hier hab ich beim vorbeisurfen gefunden.
if it's your day to die, then it's your day to die and there's nothing you can do about it.

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Online seit 7136 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2006/06/26 23:31

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