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Mittwoch, 1. Juni 2005

Zeitmaschinen, Brüder und Erfolg

Zeitmaschinen

Letztes Wochenende war ich in meiner Heimatstadt und habe ein (Punk-)Konzert besucht. Schon die Fahrt in die Region hat mich mit Heimatgefühlen überschwemmt. Es ist eine Landschaft, die von weiten Feldern und einem unbeschränktem Horizont geprägt ist. Wenn man hier in München ein wenig Landschaft genießen möchte, versperren einem früher oder später Berge oder Hügel die Sicht. Diesen Blick ins Endlose, bei dem einem sofort klar wird, dass die Erde eine Kugel sein muss(!) kann man in Bayern gar nicht entwickeln. Alles endet hier.

Als ich in dem Saal, in dem das Konzert stattfindet eintreffe, erlebe ich den kompletten Zeitschlag: bunt angezogene Jugendliche, die mehr Zeit im Bad verbringen, als die von ihnen abfällig als "Popper" bezeichneten Jugendlichen. Am meisten fällt mir ein Jüngling auf, dessen Frisur mich an Cruella de Ville aus dem Zeichentrickfilm 101 Dalmatiner erinnert.

Als ich mich so umsehe stelle ich fest, dass sehr viele Leute aus dieser Szene ihr Haarproblem auf die gleiche unkreative, radikale Weise gelöst haben, wie ich. Offensichtlich haben wir uns in unserer Jugendzeit schon genug an unseren Haaren vergangen, als dass wir jetzt noch Lust haben diesen Aufwand weiter zu treiben. Man wird nun mal alt und müde. Schlimm genug, dass wir als Jugendliche genau so lange für unsere Frisur gebraucht haben, wie unsere Freundinnen...

Ja, ich gestehe: ich hatte in meiner Jugendzeit eine Haarsprayperiode. Und die hatte sogar eine ganz besondere Komponente: ich hatte als 15 jähriger mal ein sehr kurzes, für mich ziemlich überraschendes, zärtliches Zwischenspiel mit einem Landpummelchen, das ich damals in einer Jugendherberge in München kennengelernt hatte. Ich wusste schon kurze Zeit später nicht mehr wie sie ausgesehen hat (und als ich sie gut zwei Jahre später wiedersah wurde mir klar, dass ich das zu keinem Zeitpunkt realisiert hatte!) Bald nach diesen netten ein bis zwei Stündchen hatte ich eine Frisur, die Haarspray erfordert hat und der Geruch dieses Haarsprays rief mir immer wieder die Erinnerung an diesen Abend wach.



Brüder

Der Bruder eines alten Bekannten: er sieht ihm zum verwechseln ähnlich. Ich hatte Lust zu ihm zu gehen und ihn auf alte Zeiten anzusprechen. Wer einer mir bekannten Person so ähnlich sieht, muss doch auch über die alten Zeiten bescheid wissen "Hey und weißt du noch als damals, Kalle, Tobias, und Daniel und Jürgen B. bei dir geschlafen haben und Daniel dir das ganze Treppenhaus vollgereiert hat? Jürgen hat dann angefangen herumzumeckern 'VERDAMMT! Immer besäuft der sich, kotzt alles voll und ich muss das dann wegmachen!' Und weißt du noch, wie wir ihn dann anschließend in die Badewanne befördert haben und Tobias die ganze Zeit panisch um uns herumgesprungen ist 'Wir müssen einen Krankenwagen rufen! Der hat eine Alkoholvergiftung! Wir müssen einen Krankenwagen rufen!' Und du angst hattest, dass das die Nachbarn mitbekommen und er deswegen einfach von uns in der Dusche unter kaltes Wasser gezwungen wurde?'"
Natürlich weiß er nichts davon, denn er ist ja der kleine Bruder und war damals mit seinen Eltern im Urlaub. Aber er sieht seinem großen Bruder halt so unglaublich ähnlich.
Später ist dann sogar auch noch einer der B.-Brüder aufgetaucht. Allerdings wusste ich nicht, ob es Jürgen oder Daniel war. Mit Jürgen bin ich damals besser ausgekommen, aber der ist dann später sehr ins Esoterische abgedriftet. Als er dann angefangen hat, alle Menschen mit einem liebevollen, aber mitleidigen Blick anzulächeln - wir sind ja immerhin alle eins, nur hat das noch niemand außer ihm und seinem Guru verstanden - wurde er mir dann doch zu unheimlich. Der B.-Bruder, den ich beim Konzert gesehen habe, hatte eine Jesus-Frisur, wie damals Daniel schon eine hatte, aber er hatte auch dieses 'schade, dass ihr noch nicht so erleuchtet seid, wie ich, aber ich liebe euch trotzdem alle'-Lächeln...

Ein alter Bekannter meines Bruders, der mich seiner Freundin prompt als "der kleine J." vorstellt: ein Bild, dass mir von den großen, bewunderungswürdigen Freunden meines Bruders immer schon vermittelt wurde - "der kleine J.". Und alles nur, weil mein Bruder so einen Allerweltsnamen hat. Jeder der einen solchen Namen trägt, wird doch während seiner Schulzeit mit dem Nachnamen oder irgendeinem Spitznamen angeredet. Mein Bruder war für alle nur "der J.", demzufolge war ich der Einfachheit halber immer "der kleine J."...



Erfolg - trotzdem!

Es war ein Konzert zum 25jährigen Bestehen und die Vorband, existiert vermutlich beinahe genauso lang. Sie sind sogar recht bekannt. Als sie ihr Stück beginnen bricht nach wenigen Tönen die Musik ab und der Gitarrist ruft "Ey, scheiße! Kannste mir mal die Akkorde sagen?". Und dann zeigt sich, dass man keine Musikschule besucht haben muss, um ein erfolgreicher Musiker zu werden: "Klar! Zuerst ganz unten, dann da beim Punkt und dann hier oben"

Der jüngste Konzertbesucher ist 12 Jahre alt und hat den Konzertbesuch als Geburtstagsgeschenk von seinem Vater bekommen. Ich sehe als ich hereinkomme, dass hinter mir an der Kasse jemand mit seiner Frau und seinem Kind steht. Wir mustern und kurz und ich denke mir, dass er mir bekannt vorkommt, aber doch eigentlich ein wenig größer sein müsste. Drinnen kreuzen sich unsere Blicke noch einige male und ich denke mir, dass ich ihn wohl doch schon einmal gesehen habe: er sieht so aus, wie jemand, der mal bei uns um die Ecke gewohnt hat. Jemand, mit dem mein Bruder früher manchmal spielte. Irgendwann steuert er den Ausgang an und ich fange ihn ab, als er wieder in den Saal kommt: "Du heißt doch Bernd, oder?" "Richtig, dann bist du also doch der kleine J.!"


Aber das aller, aller Wichtigste habe ich versäumt: als der Gitarrist der Band für 5 Minuten neben mir stand, habe ich mich ihm nicht zu Füßen geworfen und ihn darum angefleht, dass sie doch demnächst mal wieder in München, zumindest aber in Bayern spielen sollen.

Dienstag, 24. Mai 2005

Werbeterror

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Da werden also demnächst die Blinden von den Schaufenstern her angeschrien. Persönlich angeschrien sogar. Nachdem die Aktion noch auf freiwilliger Basis abläuft, müssen sich die Armen noch nicht davor fürchten permanent angeblökt zu werden: "Hallo Herr Meier, schön Sie wiederzusehen! Beachten Sie unsere Schafensterauslage mit der neuesten Sommerkollektion! Die kräftigen Farben würden Ihnen gut zu Gesicht stehen!"

Was mag wohl passieren, wenn mehrere Blinde gemeinsam einen Einkaufsbummel machen? Legt dann der Lautsprecher los und lässt einen Kanon ab?

Natürlich mache ich mir auch aus rein egoistischen Gründen Gedanken. Ich stelle mir vor, wie ich durch eine Einkaufszone schlendere, den Blinden vor dem Sexshop nicht bemerke und auf einmal die Stimme losplärrt: "Wunderschönen guten Morgen Herr Huber! Dürfen wir Ihnen unser reichhaltiges Sortiment an Analvibratoren empfehlen?" Es wäre mir mörderisch peinlich und ich würde sofort "ICH BIN NICHT BLIND, EHRlICH!" brüllen...

Samstag, 21. Mai 2005

Lügner

Es ist Winter geworden. Innerhalb einer Viertelstunde ist der Himmel heruntergefallen. Dicke weiße Hagelkörner liegen noch immer draußen auf dem Boden. Alles war weiß, selbst die Luft. Der Wind bog die Bäume und entriss ihnen Blätter. Meine Fenster hätte ich letzte Woche nicht zu putzen brauchen, das Wasser lief in Strömen an ihnen herab.
Und jetzt erklär mir einer, wieso diese bescheuerte Wetteranzeige rechter Hand die ganze Zeit sonnige 24 Grad anzeigte. Das Internet lügt.

Mittwoch, 18. Mai 2005

Hühner-Brühe ist leckerer

ÜÄH!!! Nachdem meine Nebenhöhlen immer noch Rotzbunker sind, habe ich mich entschlossen heute eine Packung ACC und eine Familienpackung Taschentücher mit zur Arbeit zu nehmen. Obwohl auf der ACC Packung "tabs" stand, dachte ich, dass es normale Tabletten sind: sie haben eine normale Tablettenform. Tabs müssen aussehen wie ein platter Zylinder. Das sollte genormt werden. So habe ich mir das Ding, wenn auch zögerlich, auf die Zunge gelegt, um es herunterzuschlucken. Dort fing es dann an, seicht vor sich hinzusprudeln, also habe ich es mit lauten "Pfui!-Bah!"-Rufen in den Mülleimer gespuckt.

Versuch Nr. 2
Ein Glas halb voll mit Leitungswasser, hinein kommt ein ACC-Tabs und dann beginnt es gemütlich vor sich hin zu sprudeln. Nach einer Weile ist die Tablette grobkörnig aufgelöst am Boden des Glases verteilt. Also trinke ich erst mal bis zum kritischen Punkt fast reines Leitungswasser. Danach ist noch eine winzige Neige mit den Überresten des ACC-Tabs vorhanden. Das schütte ich in mich hinein und denke mir, dass ich beim nächsten mal doch gleich das Teil schlucken werde. Der Geschmack wird dann nicht so stark sein und ich kann die Flüssigkeit ja hinterherschütten.

Flüssigkeit ist wichtig, denn ACC ist ja ein Schleimlöser. Genug Details - weiter möchte ich diesem Gedankengang nicht folgen...

Mein Hausarzt hat mir mal Hühner-Brühe als Alternative zu ACC vorgeschlagen. Wahrscheinlich werde ich mir als zweites Frühstück auch gleich eine Tasse machen. Das schmeckt zumindest um Längen besser als ACC.

Hmmm... sagt man nicht, dass man besser nicht zwei verschieden Mittel gegen das gleiche Leiden nehmen soll, weil sonst ungewollte Nebenwirkungen auftreten könnten? Mal sehen, was dabei herauskommt: vielleicht habe ich soeben eine billige Alternative zu Viagra entdeckt. Oder aber den Nachfolger von LSD. Blöd wäre es natürlich, wenn diese Mischung in 90% der Fälle die Heilung von Gebärmutterkrebs bewirkt. Dann würde der Ruhm dieser Entdeckung jemand anderem Vorbehalten bleiben...

Verdammt, jetzt kränkel ich schon drei Wochen vor mich hin. Ich bin dafür, dass am Wochenende die Sonne scheint. Dann mache ich einen Ausflug an irgendeinen See, lege mich in die Sonne und werde vermutlich innerhalb eines Nachmittags genesen.

Bis dahin schlucke ich ACC, trinke Hühnerbrühe und beobachte die Auswirkungen auf meine Psyche...

Montag, 16. Mai 2005

Das Leben findet draussen statt

Irgendwann heute Nacht wache ich auf, weil meine französische Nachbarin mal wieder eine Schimpftirade über Telefon loslässt. Aufgrund ihrer Stimmlage bin ich froh, nicht alles zu verstehen, da ich glaube, ihre Wortwahl ist nicht sehr nett. Frauen ab einem bestimmten Alter werden keifend, wenn sie keinen Sex haben. Hätte sie welchen, würde ich es durch die dünnen Wände hören. So leise kann kein Mensch dabei sein.
Das nächste Mal wache ich Fremdwörter murmelnd auf. Ich träumte, ich wäre ein Lexikon und mein Name wäre Wikipedia. Von draußen dringen merkwürdige Geräusche an mein Ohr. Dumpfe Schläge in längeren Zeitabständen. Ich sehe aus dem Fenster. Auf der vorgelagerten Terrasse des ersten Stockwerks steht der Nachbar und übt über einem Fußabstreifer Golfschläge. Er sieht noch etwas steif in der Hüfte aus. Sein Blick bleibt auf den Fußabstreifer fixiert, während er den Schläger schwingt. Eine kreative Variante des Teppichklopfens. Vielleicht entstand so einst diese Sportart. Ich überlege mir, welche Fenster er wohl träfe, wenn er jetzt einen Ball schlüge. Spontan fallen mir mehrere Balkontüren ins Auge.
Später sitzt er am Tisch und schneidet Fingernägel, während sein Mitbewohner Schuhe putzt. Beide scheinen nur schwarze Schuhe zu besitzen, was die Auswahl der Creme deutlich vereinfacht. Man sagt Frauen nach, sie besäßen viele Schuhe. Wenn das ein geschlechtsspezifisches Kriterium ist, dann müssen die beiden schwul sein. Andererseits tragen beide Glatze und Springerstiefel. Das verwirrt mich ein wenig in meiner Kategorisierung. In letzter Zeit sehe ich sie öfter auf der Terrasse. Meist essen sie dort, reparieren ihre Fahrräder oder schreiben am Laptop, stets synchron. Zum Muttertag war Mutti zu Besuch. Ihr wurde stolz in einer Regenpause die Terrasse vorgeführt. Die Terrasse scheint für die Beiden Wohnzimmerersatz zu sein. Ich bin schon gespannt, was diesen Sommer dort noch alles stattfinden wird. Andere zu beobachten ist nicht unbedingt mein Hobby und beinahe komme ich mir dabei vor, als würde ich etwas Verbotenes tun. Bei meinem Blick aus dem Fenster ist deren Terrasse allerdings so etwas wie ein Präsentierteller. Ich kann kaum daran vorbeischauen. Hoffentlich ist das den Mietern ebenfalls bewusst und sie überlegen sich, welche Show sie mir zukünftig präsentieren.

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Online seit 6944 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2006/06/26 23:31

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